Frankfurt und die Unverhältnismäßigkeit!

Was ist geschehen?

Am 25. Oktober gastierte der FC St. Pauli bei der Frankfurter Eintracht. Mit der Anreise der Gästefans fiel unmittelbar das unverhältnismäßig große Polizeiaufgebot am Hauptbahnhof ins Auge. Die Beamt*innen hatten sich vermummt und in kompletter Ausrüstung auf dem Bahnsteig postiert inklusive Diensthunde.

Die Polizei ließ zu Beginn ausschließlich Personen aus dem Zug steigen, welche in ihren Augen nicht als Fußballfans galten. Dafür forderte sie bspw. Menschen dazu auf, ihre Jacken zu öffnen und den darunter befindlichen Pullover auszuziehen. Im Anschluss wurden alle Personen, welche rein optisch zur Fanszene des FC St. Pauli gehören könnten, in eine eigens dafür aufgebaute „Maßnahmen-Straße“ geleitet.   Alle Anwesenden wurden hierfür zunächst auf engsten Raum auf dem Gleis festgesetzt.

Von den Betroffenen wurden u.a. Lichtbilder gefertigt und die Personalien aufgenommen. Zudem wurden alle Fans durchsucht. Zur Begründung der Maßnahme erhielten die betroffenen Fans eine verallgemeinerte, ausschließlich mündliche Aussage. Sinngemäß habe es eine Auseinandersetzung während der Anreise in Hannover gegeben. Darüber hinaus erhielten alle anwesenden St. Pauli-Fans einen schriftlichen Platzverweis für Teilbereiche Frankfurts. Bis alle Betroffenen identifiziert, fotografiert und durchsucht worden waren, mussten die bereits kontrollierten Fans über mehrere Stunden draußen in einer zugigen, kalten Durchgangsstraße ausharren, die von allen Seiten mit Einsatzwägen und Polizeiketten abgesperrt war. Der Gang zum WC sowie die Versorgung mit Getränken und Speisen mussten gegen den Widerstand der Polizei erstritten werden. So hieß es zunächst seitens der Polizei: Man sei ja erwachsen und könne anhalten. Bei den folgenden Toilettengängen wurde den bereits vorher durchsuchten Fans keine Privatsphäre gewährt. Darüber hinaus leistete sich die Polizei gegenüber den eingesperrten Personen mehrere provokante Aussagen und Gesten. Die FC St. Pauli-Fans blieben jedoch ruhig und besonnen und ignorierten die Beleidigungen und Drohgebärden der Beamt*innen. Nach einigen Stunden in Kälte und Regen mussten alle Betroffenen die Rückreise antreten.

Warum ist das ein Problem?

Die ausgestellten Platzverweise betrafen pauschal alle St. Pauli-Fans, darunter auch Fans, die in Hannover nicht im betroffenen Zug gesessen hatten. Zudem war keiner der Platzverweise individualisiert. Die Fans erhielten keinen Hinweis, warum gerade ihnen persönlich „die Gelegenheit zur Begehung von Straftaten“ genommen werden sollte. Diese Form des weitreichenden Grundrechtseingriffs ist unserer Ansicht nach rechtswidrig!

Auch ist kritisch zu fragen, ob das polizeiliche Gebot der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde. Denn in § 15 Abs. 2 BPolG heißt es zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: „Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht“. Doch auch hier existieren erhebliche Zweifel. So richteten sich all diese Maßnahmen pauschal gegen alle anwesenden St. Pauli-Fans – darunter auch Minderjährige. Diese wurden erst nach einiger Zeit und intensiver Diskussion mit den Beamt*innen aus der Maßnahme entlassen – Ihre persönlichen Daten wurden dennoch festgehalten. Es kann nicht im rechtsstaatlichen Interesse sein, undifferenziert eine große Gruppe von Menschen über mehrere Stunden festzuhalten, ohne dass von ihnen eine erkennbare Gefahr ausginge. 

Wir denken zudem an die vielen Reisenden, die nicht zu einem Fußballspiel wollten, sondern in der Ferienzeit insbesondere mit Kindern unterwegs waren. Sie saßen ebenso für eine lange Zeit in Zügen oder am Bahnhof fest und konnten ihre Tagesplanung vergessen. Auch ihnen gilt unsere Solidarität in Anbetracht der Auswirkungen dieses unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes.

Wie geht es weiter?

Als Fanhilfe laden wir alle betroffenen Fans ein, sich über die bekannten Kanäle direkt an uns zu wenden. Wir werden gemeinsam mit unseren Rechtsbeiständen rechtliche Schritte gegen die angewendeten polizeilichen Maßnahmen prüfen und ggf. zusammen mit den Betroffenen anschließend einleiten. Die Verhältnismäßigkeit muss in einem Rechtsstaat zwingend eingehalten werden, das gilt insbesondere für die Polizei.

Wir sprechen allen Betroffenen unsere Solidarität aus und danken ihnen für ihr ruhiges und besonnenes Handeln. 

Sankt Pauli hält zusammen!

Eure Braun-Weisse Hilfe

Stand: 25. Oktober 2025
DB Sicherheit im ICE