„Polizei & Holocaust“

„Polizei & Holocaust“ | Peter Römer | 15.04.24 | 19.10h | Fanräume im Millerntor-Stadion

Was waren die Haupttätergruppen im Nationalsozialismus? Die SS, SA, Wehrmacht oder die Gestapo? Natürlich! Vergessen wird aber oft, dass es auch Institutionen mit einer großen staatlichen Kontinuität gibt, die sich entscheidend an der Shoah beteiligten. Dazu gehört zweifellos die deutsche Polizei. Ihre Aufgabenfelder umfasste etwa die Deportationen und Ghettoisierung von Jüdinnen*Juden – und Massenerschießungen von Hunderttausenden. In Polizeibataillonen verübten zehntausende Polizisten in besetzte Gebieten Kriegsverbrechen. Viele der Täter arbeiteten in der Nachkriegszeit wieder in unterschiedlichsten Polizeibehörden der Bundesrepublik.

 

Vor 30 Jahren revolutionierte Christopher Browning in seiner Studie „Ganz normale Männer“ die Täterforschung. Er wies am Beispiel eines Hamburger Reservepolizeibataillons bedeutende Handlungsoptionen der beteiligten Polizisten nach. Der Vortrag ordnet die Rolle der uniformierten Polizei im NS-Staat ein und erweitert die Debatte um Täterschaft um aktuelle geschichtswissenschaftliche Deutungen von Kategorien wie Kollaboration, Raum und Geschlecht in Anlehnung an das neu erschienene Buch „Polizei und Holocaust – Eine Generation nach Christopher Brownings Ordinary Men“. Besondere Schwerpunkte werden im Vortrag auf Hamburger Polizisten gelegt, die sich an genozidaler Gewalt beteiligten sowie auf Chancen und Grenzen bei der Vermittlung der Geschichte dieser wenig bekannten Tätergruppe heute.

 

Der Referent ist Mitherausgeber des Bandes und Wissenschaftlich-Pädagogischer Mitarbeiter des Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster.